Seltsame Hasen

Unsere Gastautorin berichtet aus ihren Kindertagen.......viel Freude beim Lesen!

Es muss in dem Jahr gewesen sein, als ich im Frühjahr eingeschult worden wurde. Ein Jahr später hatte ich für solche Flausen keine Zeit mehr, denn ich hatte nach der Schulzeit damit zu tun, auf meinen neugeborenen Bruder aufzupassen, den ich mir so sehnsüchtig gewünscht hatte.

Aber zu dieser Zeit noch gab es nichts Schöneres für mich, nach der Schule draußen im Freien am Bach zu spielen, auf der Wiese zu liegen und auf der hohen Böschung die  einzelnen Wagen der vorbeifahrenden Güterzüge zu zählen. Die Nachbarn, zum Beispiel die mit der Bisamfarm, zu besuchen und ihnen Löcher in den Bauch zu fragen…. . auch unsere Ziegen umzupflocken und auf die Schafe aufzupassen. In der Scheune und im Stall herumzustreunen, Aufregung im Hühnerstall zu verursachen oder die Kaninchen in ihren Ställen zu streicheln. Auf den Betonrändern der Frühbeetkästen zu balancieren, heimlich die Katzen zu beobachten, wo sie ihre Jungen versteckten. Auf den Feldern zwischen den langen Reihen von Weißkohl, Rotkohl und Blumenkohl zu laufen, nach Unkraut und Schnecken Ausschau zu halten, über das Grün der Möhren zu springen...

Und wenn die ausgefahrene Straße trocken war, schlug ich auch mit meiner langen Peitsche meinen Kreisel durch die tiefen Schlaglöcher.

Viel zu schnell gingen die Stunden für mich dahin und bald saßen mein Vater, meine Mutter und ich am Abendbrottisch. Obwohl meine Eltern zusammen in der Gärtnerei arbeiteten, hatten sie immer viel bei Tisch zu besprechen, ohne mich dabei zu vergessen. Und so fragte mich mein Vater, wie es in der Schule gewesen sei, ob ich denn auch fleißig lernte? „Ja, es geht ganz gut.“

„Mmmhh“ brummte mein Vater „Dann ist ja gut“ und wandte sich wieder an meine Mutter

„...und weißt du was, nicht nur die Nicki lernt eifrig in der Schule, die Hasen bei uns auch. Denn neuerdings haben sie einige Blumenkohlköpfe aufgeblättert, die darin vorgefundenen kleinen Köpfe gefressen und anschließend die Blätter wieder zurückgeschlagen, sodass ich nur noch Köpfe aus Blätter vorgefunden habe; meinst du, ich könnte sie als Weißkohl auf dem Markt verkaufen?“

Natürlich konnte das mein Vater nicht!

Und beim nächsten Mal, als mein Bauchgrummeln vergessen war und es mich wieder überkam, ganz besonders frisches Gemüse roh zu essen, fragte ich zuerst meine Eltern um Erlaubnis.

© diekleinebenzmann

Foto: mk